Böllerschützen der St. Kunibertus Schützengesellschaft

Böllern ist ein gepflegtes Brauchtum und im Rahmen des Schützenwesens in Deutschland als immaterielles Kulturgut von der Deutschen UNESCO-Kommission anerkannt. Es ist Ausdruck der Freude über ein besonderes Ereignis und ein zeitlich begrenztes, friedliches Jubilieren.

Das Böllern selbst hat eine traditionsreiche und teilweise auch durch alte Chroniken belegte Geschichte, die bis in das ausgehende 15. Jahrhundert zurückreicht. Jedoch ist es trotz allen Nachforschungen bis heute nicht gelungen, das Entstehen dieses Brauchtums schlüssig nachzuweisen.

Bekannt ist, dass seit Jahrhunderten im gesamten deutschsprachigen Raum, von Mecklenburg bis Tirol, von Bayern bis Westfalen und bis tief in böhmische Gebiete, schon geböllert wurde.

Aus den vorhandenen spärlichen Informationen geht hervor, dass sich das Böllern aus mehreren Bereichen entwickelt hat. So sollte es zum einen der Abwehr von bösen Geistern und Dämonen dienen, und gleichzeitig helfen, das Wetter zu ändern und die Natur zu erwecken. Auch sollte es die Lebensfreude zum Ausdruck bringen, wenn Taufen, Geburtstage oder Hochzeiten anstanden.

Wenn Herrscher und Könige zu Besuch kamen, wurden sie mit Böllerschüssen empfangen. Damit wurde ihnen höchste Achtung erwiesen. Auch als Hilferufe oder um Warnungen zu verbreiten wurden Böller eingesetzt. So war es noch Anfang des 20. Jahrhunderts in verschiedenen Teilen der Alpenländer üblich, bei Feuer, Kriegs- oder sonstiger Gefahr von den abgelegenen Gehöften der Bergbauern aus durch Böllern auf sich aufmerksam zu machen.

Das Böllerschießen ist der "Augen- und Ohrfänger“ für eine öffentliche Präsentation anlässlich eines besonderen Anlasses. Es erfreut sich zunehmender Beliebtheit sowohl bei aktiven Schützen als auch bei Gästen und Zuschauern durch deren Teilnahme an den Festivitäten.

Es ist kein bloßes Abbrennen von Feuerwerk, sondern ein in Jahrhunderten gewachsenes Brauchtum. Daher umfasst das Böllerwesen weit mehr als die reine Tätigkeit des Schießens selbst. Der Anlass setzt eine öffentliche Festivität voraus, somit steht meist eine direkte Tradition dahinter. So vielfältig die Anlässe dazu sind, so tiefgreifend ist deren Geschichte, so umfassender ist das Brauchtum rund um das Erzeugen von Lärm.

Im Allgemeinen ist Lärm als solcher verpönt. Doch hier zeigt sich der Reiz des Seltenen und Besonderen. Wer zum ersten Mal Blitz und Donner erlebt, bei dem entsteht zunächst Erschrecken oder Furcht. Das wandelt sich schnell ins Gegenteil, wenn das friedvolle Abtun von Schüssen einem die Augen und Ohren öffnet.

Heutzutage wird das Böllern auch dazu benutzt, den Opfern von Kriegen, Verfolgung oder Katastrophen zu gedenken. Ihnen zu Ehren wird durch eine vorangegangene Rede meist ein Salut gewidmet. Das Lärmbrauchtum des friedlichen Böllerns diente und dient hier zur Ehrerweisung, bringt Freude, Trauer oder Gedenken zum Ausdruck. Oftmals wird ein Kranz an den Ehrendenkmälern niedergelegt, um an die Schrecken von Krieg und Verfolgung zu erinnern. Schließlich ist das Gerät zum Böllern auch keine Waffe. In dieser Form verstehen die Schützen ihr ureigenes Brauchtum.

Die Schützen betreiben das Abfeuern von Böllerschüssen nur für einen begrenzten und kurzen Zeitraum. Mit Rücksicht auf die Ruhezeiten werden teils Jahrhunderte alte Traditionen gepflegt. Die meiste Zeit aber wird dem geselligen Beisammensein in einer offenen Gesellschaft gewidmet. Es werden Volksfeste gefeiert, wie sie schon immer gefeiert wurden.

Die Gymnicher Schützen

Bei uns Gymnicher Schützen wird schon seit der Gründungszeit geböllert.

 


Kanoniere und Schützen 1905 mit Böllerkanonen und Büchsen

Die Kanoniere hatten die Aufgabe, sich um das Böller und Salutschießen zu kümmern. In alten Schriften ist das Böllerschießen zur Grundsteinlegung unseres Schützenhauses am 5. März 1876 erwähnt, welches der Kanonier Michael Kranz durchführte.

Unsere ältesten Standböller tragen das Datum 1867. Von den damals drei vorhandenen kanonenartigen Standböllern sind noch zwei erhalten. Einer der Standböller hatte nach dem Salutschießen einen Bruch in der Fußplatte und wurde dann ausgemustert (ca. 1950). Der verbleib dieses Standböllers ist unklar. Die beiden verbliebenen Standböller sind heute noch erhalten und im Besitz der Gesellschaft.

Hingegen sind Böllerbüchsen, die mehrheitlich im Privatbesitz der Kanoniere waren, nicht mehr vorhanden. Diese wurden zum Ende der 2. Weltkriegs durch die Besatzungsmächte eingezogen.

Zu welchen Anlässen geböllert wurde, ist nur ab dem Ende des zweiten Weltkriegs überliefert. Vor dem Kriege wurde vermutlich weitaus mehr geböllert, zu jedem großen Fest der Schützen oder Kirchengemeinde wurde mit den Böllerkanonen geböllert, die entweder im Besitz des Vereins oder der Schützen waren. Schon damals musste eine Genehmigung eingeholt werden, diese stellte der Bürgermeister in Gymnich aus.

 

 
Inschrift: "St. Cun. Jgsn. Sch.V.v. Gÿm. 1867"

 

Um 1948 gab es folgende Anlässe und Regelungen:

Schützenfest:

Samstag:

Sonntag:

Montag:

Fronleichnam:

 

Unser Ehrenvorstandsmitglied Fritz Meyer hat mit den kanonenartigen Standböllern selbst noch geböllert und kann von der damaligen Zeit noch berichten.
Er wurde ab 1948 angelernt von seinem Patenonkel Fritz Meyer sowie von Willi Meyer und Michael Wirtz, den drei damaligen Kanonieren, die diese Tradition bis 1957 ausübten.
Weitergeführt wurde die Tradition dann von Fritz Meyer.

Das Vorbereiten der Böllerkanonen war eine Zeitaufwendige Arbeit und begann mit dem Anfachen eines Feuers aus Brikett.
Die Standböller wurden gefüllt mit zwei „Schnapspinnchen“ (Bezeichnung für ein Schnapsglas 2 cl). Das Schwarzpulver wurde mit Zeitungspapier verdämmt, zudem wurde eine weitere Füllung mit Weidegras eingebracht. Die so erzeugte Ladung wurde mit einem ca. 30 cm langen Vollstahl, im Durchmesser des Kalibers der Böller, und einem Holzhammer verdichtet.
Positioniert wurden die Standböller hinter der Mauer des Schützenstandes am Hochstand. Die kanonenartigen Standböller wurden zusätzlich am Boden befestigt, wie die vier Bohrungen in den Fußplatten vermuten lassen. Durch das Eigengewicht blieben diese stehen. Aus Sicherheitsgründen wurde immer hinter der Wand gezündet. In dieser Wand befand sich eine Öffnung von ca. 40 x 40 cm, durch die die Böller mittels eines glühenden Eisens gezündet wurden. Dieses befand sich an einer 3 Meter langen Eisenstange und würde in einem angeheiztem Feuer zum Glühend gebracht. Mit der glühenden Spitze wurde dann das Schwarzpulver in der Pfanne des Böllers entzündet.

In Jahre 1977 wurde durch die Erste Verordnung zum Sprengstoffgesetz der Erwerb des Schwarzpulvers stark reglementiert. Folglich wurde das Böllern mit den Standböllern eingestellt und stattdessen mit Feuerwerkskörpern, sogenannten Kanonenschlägen oder Starenböllern, durchgeführt. Diese Art Böller wurden über eine im Boden eingeschlagene Hülse abgeschossen. Durch eine Treibladung wurden die Böller bis in eine Höhe von ca. 20 m Höhe getrieben und explodierten dann. Dies praktizierte unser damaliger Schießmeister Fritz Meyer über Jahre hinweg, bis er das Amt des Schießmeisters abgab.

Nachdem das Böllerschießen vor vielen Jahren ganz eingestellt wurde, wurde es im Jahr 2015 durch ein Schützenmitglied, welches im Besitz eines Böllerschein & Handböllern mit Kaliber 20 mm war, mit viel Leidenschaft wieder neu belebt. Das Schützenfest wurde Samstags 18 Uhr vom besagten Schützenmitglied auf dem Schützenplatz mit drei Böllerschüssen eröffnet. Die verwendeten gleichen Handböller im Kaliber 12mm wurden dazu bei der St. Sebastianus Schützenbruderschaft Wissersheim ausgeliehen.
Im darauffolgenden Jahr absolvierten vier weitere Schützen einen Schwarzpulverlehrgang zum Böllerschießen, zudem wurden durch den Schützenverein zwei Handböller im Kaliber 20 mm angeschafft.
Somit können wir seit Schützenfest 2016 mit einer starken Böllermannschaft das Anböllern des Schützenfesters mit jeweils 3 Schuss im Schlosspark zu Ehren des Protektors und auf dem Schützenplatz abends durchführen. Zu Schützenfest 2018 wurde am Samstagnachmittag im Schlosspark, die sich im Besitz von Walter Keil befindliche Kanone, ein Nachbau einer Preußischen Kanone, einmalig abgefeuert.